Donnerstag, 6. Juli 2006
der muff von 1000 jahren (II)...

dienstag. seminar 16-18h. thema: unterhaltung - eine definition. encore une fois im kommunikationstheoretischen gruselkabinett. es ist wahnsinnig heiss, die tuer des seminarraumes geoeffnet. drei referenten wuergen vorn an ihrem referat: ein maedchen, das aussieht wie steffi graf nach zuviel barilla-mit-pesto. die nase ist programm. steffi scheint allerdings nur dekorativen charakter zu besitzen. sie sagt nichts. dann ist da manni. manni heisst tatsaechlich manfred, was ihn von vornherein disqualifiziert. manni versuchte vor der sitzung seine mit viel liebe vorbereiteten plakate an der wand anzubringen, die dann waehrend der sitzung der reihe nach zu boden fallen. mit krampfigem grinsen und fahrigen bewegungen haengt manni die plakate wieder auf. sie fallen wieder...usw. slapstick mit manni, der leider keinen oberlippenbart traegt. die dritte im bunde ist eine ziemlich dicke person, die "neureiches-proletatiat" erfunden zu haben scheint: timberlands, weisse 3/4, blaues ralph-lauren-polo (kragen oben, klar), gucci-sonnenbrille im haar. ihr gesicht erinnert mich an meine fruehere kindergaertnerin, frau rustemeyer-boess, die immer von ruediger, ihrem mann erzaehlte, der bei der feuerwehr arbeite.
ihr referat verlaeuft dementsprechend: manic-manni sortiert seine plakate, steffi ueberlegt, ob penne oder farfalle und ms. lauren gibt sich vom inhalt des referats und vor allem sich selbst ueberzeugt: beruflicher erfolg ist ihr sicher. sie koennte jeden haben.
die anwesenden rezipienten bieten optische abwechslung at its finest: selbstverstaendlich ist die frau-die-keine-ist dabei. gluecklicherweise sitzt sie nicht neben mir. ein weiterer blickfang: der bebrillte amigo mit feinhaar-schnurrie, wrangler-jeans, karo-hemd (in der wrangler-jeans) und einem guertel, um dessen schnalle ihn david hasselhoff beneiden wuerde. er schwaebelt leicht bis sehr und hat eine aktentasche bei sich.
ihm gegenueber sitzt ein maedchen. sie schneidet sich die haare offenbar selbst, traegt batik (nicht tuerkis!), keinen bh und den mund permanent offen. sie geht barfuss. wie viele seminarteilnehmer isst auch sie permanent: auf unmanierliche art und weise stopft sie sich teile von backwaren, die sie unter dem tisch einer tuete entnimmt, in den mund, der ja permanent...es ist sehr unappetitlich.
die tremendous-three versuchen sich derweil in multimedialer vermittelter kategorisierung verschiedener unterhaltungs-formate. hektik-manni malt diagramme an die tafel und ms. gucci zeigt tv-beispiele auf vhs. sie verkuendet, dass taff und brisant "news-journale" seien, wie die "tagesthemen" im uebrigen auch.
dem dicklichen sportsfreund passt die heitere wurstigkeit da vorn nun gar nicht. er widerspricht. eine diskussion entbrennt. mannis nervositaets-flecken werden groesser, das grinsen faellt ihm zusehends schwerer. ms. gucci nestelt an der sonnenbrille. frau graf sieht aus dem fenster.
durch die offenstehende tuer sind die huebschen amerikanistinnen von nebenan zu sehen, deren seminar gerade zu ende ging.
neben der tuer sitzt eine dicke frau - kein maedchen - mit riesigen augen. sie quellen hervor, sind weit aufgerissen, sitzen praktisch auf stilen und werden amplifiziert durch die auf der knolligen nase haengenden 16:9-breitbild-brille. unsere blicke treffen sich. ich sehe weg. assoziationen zu "der schwarm".
breitbild, amerikanistinnen. breitbild, amerikanistinnen. amerikanistinnen, amerikanistinnen...
vorn kaut manni fingernaegel. steffi (!) ist aus ihrer lethargie erwacht und fragt das plenum, wer denn die relevanz von nachrichten festlege. das voellig ueberschminkte schweinsgesicht skandiert: "die zuschauer!". der picklige mit dem "maverick"-shirt sagt in verschwoererischem ton: "die wirtschaft, es ist die wirtschaft." auch die cia steckt da vermutlich mit drin...
abgesehen vom inhaltlichen fasching ist die offensichtliche klischeehaftigkeit dieses seminars erchreckend: essende, barfuessige, schwitzende studenten einerseits, ms. gucci andererseits. manic-manni vs. schnurrie-..., dieter? der uebelriechende und nicht schoen anzusehende gesellschaftsquerschnitt der geistigen elite.
die drei der wenigen nicht geistig oder physisch gehandicappten menschen neben mir kramen raschelnd. einer stoesst mich an. ich nicke ihm fragend zu und erhalte via lippenlesen "biergarten" als antwort. wir verlassen den raum.

bei laengerem verweilen waere ich moeglicherweise vorzeit verschieden.

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