Montag, 6. November 2006
nighthawk at the diner...

nun, nacht ist es jetzt. die frage, ob religion und moral ein und dasselbe sind oder ersteres das letztere ersetzen kann oder sollte nicht geklaert. weder julian nida-ruemelin im zdf-nachtstudio noch ein guter freund in meiner kueche waren in der lage, einen eindeutigen beweis fuer die eine oder andere moeglichkeit zu fuehren. „kant“ fiel als schlagwort – in beiden faellen – von der kritik der urteilskraft bis zum kategorischen imperativ: kant in seiner funktion als aufklaererischer moralpostulator ohne metaphysische legitimation ist nicht das ende, sondern vielmehr der ursprung der frage. laengst schlafen sollte ich, denke ich, aber welche ist die bessere zeit fuer gruebelei und reflexion? im fernsehen laeuft der knochenjaeger in der wiederholung. denzel washington konnte ich nie leiden und queen latifah spielt auch noch mit. ploetzlich schwirrt die sozialromantische frage durch mein hirn, ob es nun schoen und erstrebenswert oder nur ok, wenn nicht gar nicht so geil ist, wenn man sein „viertel“ hat, also dort nicht nur freunde und bekannte hat, sondern auch mit verschiedenen dienstleistern, mit denen man taeglich in kontakt steht, namentlich oder anderweitig lose bekannt ist. das suesse maedchen im coffeeshop, der schmierige typ in der grillbude, die verdriessliche alte mit lesebrille vom zeitungskiosk, der nette tuerke vom obststand. sie alle gruessen freundlich, waehrend man gutgelaunt durch seinen block schlendert. man gruesst zurueck, tauscht belanglosigkeiten aus – des clichés, bien sûr, mais...nunja, die frage besteht nunmal. anonymität oder festes – naja, maessig festes – gefuege? entschieden werden will das. kann es das? eine wand weiter passieren ganz andere dinge, naemlich die, die zwischen mann und frau immer passieren, wenn sie vorher „dvd-abend“ machen. der kommissar im fernsehen und chef vom verbloedeten denzel, der irgendwie immer bemitleidenswert schaut, ist al bundy. denzel klingt im uebrigen so wie „wenzel“. wenzel profka hiess der schmuddelige filmpole, der „brei in napf“ fuellt und danach – „auge isst mit!“ – „brei mit kartoffel“ garniert, indem er eine ungeschaelte kartoffel in der brei klatscht. das „a“ von „kartoffel“ zieht er dabei sehr lang. was ganz anderes: schoen ist es, wenn menschen, die selten laecheln, es dann doch tun und man selbst gar noch dazu beigetragen hat. schoen ist ein lachen, ein herzhaftes, ein persoenliches. noch viel schoener: ein sueffisantes und doch vielleicht etwas verschaemtes schmunzeln nach einem unerwarteten kompliment. ein sehr huebsches maedchen, das ich leider nicht kenne, aber manchmal sehe – vielleicht laechelt sie ja so, wenn man ihr ein kompliment macht?! eins, das ich ziemlich gut kenne, dafuer weniger oft sehe, tut das. nun. details sind wunderbar. die kleinen dinge. „kleine getraenke“ nennt ein freund von mir schnaepse in schnapsglaesern. warum zum beispiel tragen manche polizisten der glorifizierten new yorker polizei eigene waffen, zumeist trommelrevolver!? ist es ihr eigener sinn fuer aesthetik, den sie gegenueber ihrem boss durchsetzen? mein thinkpad finde ich aesthetisch. aber auch manche schusswaffen. wenige koennen das verstehen. „senden sie das kennwort MANN an die 55 0 55!“, lautet die aufforderung der lasziven frauenstimme im fernsehen. lieber nicht. menschen koennen aesthetisch weinen, koennen aesthetische haende haben mit filigranen, aber nicht spinnigen fingern. das gleiche gilt meist auch fuer deren fuesse. sie koennen aesthetisch an einer zigarette ziehen und mit grazie aus einem glas trinken. manche menschen halten das glas sogar auf eine art und weise, die ich als aesthetisch bezeichnen moechte. „aesthetisch“ hier natuerlich nur verstanden als kategorie subjektiver rezeption, aber – und das ist von zentraler bedeutung – mit speziellem touch. damit kommt man zurueck zum thema: details! niemand zieht „geil“ an einer zigarette. niemandes haende sehen „fett“ aus, ausser denen, die es wirklich sind. das, was die deutsche popliteratur ende der neunziger auszeichnete, waren nicht ihre geschichten, nicht ihre inhalte. es war ihr auge fuer das nebensaechliche, fuer’s detail, fuer marken und deren hintergruendige bedeutung. das sichere bewegen in einer gebrandeten welt, ein etwas distinguierterer umgang damit und die noetige ironie – das wissen um die kuenstlichkeit der ganzen veranstaltung. naja. frauen, die es schaffen, die aermel ihrer oberteile immer, aber auch immer ein stueck zu weit ueber ihren handgelenken, fast ueber der hand, zu tragen. sichtbare adern auf dem handruecken, grosse, laengliche nagelbetten, ein schmaler hals und filigrane schluesselbeine. nicht ganz sorgfaeltig hochgesteckte haare, von denen ein paar in straehnen ins gesicht fallen. all das ist nicht kuenstlich und gerade deswegen von viel groesserer bedeutung. ehrlich und pur und in einheit sehr selten. einen toast auf die, die dergleichen bewusst gesucht, gefunden und gehalten haben.

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